Haushaltsrede 2016

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!

Es gilt das gesprochene Wort – wie üblich ganz ohne Tippfehler!

Das Gute vorweg: Die Haushaltsberatungen verliefen, im Gegensatz zum vergangenen Jahr, geradezu sensationell harmonisch!

An dieser Stelle schon vorab unser Dank an die Mitarbeiter der Verwaltung für das Aufstellen des Haushaltes und die Unterstützung bei der Beratung. Ich hoffe, die Haushaltsberatungen haben sie in diesem Jahr deutlich weniger Nerven gekostet, als im vergangenen Jahr.

Nur ungern erinnere ich mich an die Haushaltsberatungen des vergangenen Jahres. Aber der Blick zurück ist notwendig. Denn, wenn man entscheiden will, wohin man will, ist es unerlässlich, sich bewusst zu machen, woher man kommt bzw. wo man aktuell steht.

Die Verwaltung hatte uns im vergangenen Jahr einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der das Thema „Generationengerechtigkeit“ in den Mittelpunkt stellte. Sie wies mit ihrem Entwurf nach, dass der angestrebte Haushaltsausgleich ab dem Jahr 2018 möglich sei. Voraussetzung für den Haushaltsausgleich sei aber u.a. der vorgeschlagene Grundsteuerhebesatz von 800%. Der Kämmerer argumentierte seinerzeit, dass ohne die Erhöhung des Grundsteuervolumens der Finanzplan in den Finanzplanungsjahren 2015 bis 2018 keine Deckungsbeiträge für die ordentliche Tilgung von Krediten werde liefern können.  Die Konsequenz daraus wäre, dass wir unseren Enkeln unsere Schulden aufbürden würden, wenn keine Deckungsbeiträge erwirtschaftet werden.

Was wurde aus diesen Plänen?

Wie allgemein bekannt, entschied eine Mehrheit im Rat sich für einen Hebesatz von 625%.
Der Begriff „Generationengerechtigkeit“, ein Kernbegriff des Kämmerers im Haushaltsentwurf  2015, wurde ihm quasi um die Ohren gehauen. Dabei ist es doch geradezu eine Selbstverständlichkeit für einen verantwortungsvoll handelnden Kämmerer, dass er so plant, dass man nicht nachfolgenden Generationen die Reparatur der von uns genutzten Infrastruktur überlässt. Wer sich im vergangenen Jahr mit der Materie Haushalt intensiv beschäftigt hatte, wusste genau, dass selbst bei eisernem Einsparwillen ein Haushaltsausgleich mit diesem beschlossenen Steuersatz von 625% nie möglich sein würde.
Trotzdem wurde so entschieden, wie oben erwähnt.

Zum Status Quo gehört weiter:

  • Der Musikschulvertrag ist gekündigt. Eine Lösung, wie Rheder Kinder in Zukunft musikalische Bildung erhalten sollen, ist nicht in Sicht. Kulturelle Veranstaltungen der Musikschule in Rhede, eine Bereicherung der Rheder Kulturlandschaft und zudem noch kostengünstig, finden nicht mehr statt. Und ob die von der CDU im Wahlkampf angebotenen 115.000 € jemals im Haushalt erscheinen, darf wohl bezweifelt werden.
  • Der Arbeitskreis Kultur, kurz Akku, gehört der  Vergangenheit an. Das spüren insbesondere die Wirte, denn die Anzahl von kulturellen Veranstaltungen befindet sich im Sturzflug. Die Gäste bleiben aus.
  • Das Stadtmarketing hat stillschweigend 1 Jahr Zeit bekommen, um seine neuen Konzepte umzusetzen. Das Ergebnis des teuren Gutachtens gefiel CDU und FDP nicht. Guter Rat ist bekanntlich teuer, ihn aber nicht anzunehmen, halten wir für pure Verschwendung. Die Diskussion darüber wurde vertagt auf die Zeit auf die Zeit nach der Haushaltsberatung. Wir sind gespannt auf den Gewinn von neuen Erkenntnissen.
  • Das kleine Zwischenhoch bei den Schlüsselzuweisungen und die Einnahmen durch die erhöhte Grundsteuer geben uns momentan eine leichte finanzielle Verschnaufpause, ändern aber nichts an unserem Grundproblem: Von einem nennenswerten Beitrag zum Abtrag der Schulden sind wir noch meilenweit entfernt. Auch der vorgelegte Haushalt wird mit einem Minus enden. Der Eigenkapitalverzehr geht also weiter.

Und wir machen alle mit!

Soviel Ehrlichkeit muss sein!

 

Das alles überragende Thema der letzten Wochen und Monate sind aber nicht die Finanzen, sondern es ist die Herausforderung, die Integration der vielen Menschen, die vor Krieg und Elend zu uns geflüchtet sind, zu schaffen.

Dieses Thema hat das Potenzial unser Land zu verändern.

Ob zum Guten oder zum Schlechten, das können  wir, zu mindestens hier vor Ort, maßgeblich beeinflussen.
Das Jahr 2016, da sind wir uns sicher, wird ein Jahr des Aufbruchs für ein neues Miteinander in unserem Land und in unserer Stadt sein.

War in den vergangenen Monaten oft von Willkommenskultur die Rede, müssen wir nun überleiten zu einer Willkomensstruktur.

Integration muss konkret werden.

Das ist leichter gesagt, als getan, denn die vor uns liegenden Aufgaben sind gewaltig. Integration ist für alle Beteiligten harte Arbeit.

An dieser Stelle möchten wir uns bedanken bei den vielen freiwilligen Helfern der Flüchtlingshilfe Rhede. Sie haben die Not erkannt, nicht gezögert, sondern sich umgehend eingebracht. Dafür haben sie unsere  Anerkennung, Dank und Respekt verdient.

Damit diese Tatkraft der ersten Stunde erhalten bleibt und nicht in Enttäuschungen und Frustration umschlägt, brauchen die vielen Freiwilligen professionelle Unterstützung. Das ist eine öffentliche
Aufgabe! Daher forderten wir, dass der Stellenplan im Rathaus diesem Bedarf angepasst und Personal bereit gestellt wird.

Sehr erfreulich ist in diesem Zusammenhang die Gemeinsamkeit, mit der der Rat diese Aufgabe angeht.
Eine Aufstockung des Personalplans wurde ohne Gegenstimmen beschlossen.

Auf der Grundlage dieser Ratsentscheidung kann die Verwaltung ab sofort professionelle Helfer einstellen, deren Unterstützung im Integrationsprozess so dringend gebraucht wird.

Wir werden den Aufbau einer Willkommensstruktur  kritisch begleiten und gleichzeitig nach Kräften unterstützen.

 

Dem Haushalt 2016 werden wir zustimmen.

Wir sind uns darüber im Klaren, dass dieser vorgelegte Haushalt nur eine Zwischenstation sein kann auf dem noch weiten Weg zurück zu ausgeglichenen Haushalten.

Ich danke für ihre Aufmerksamkeit!

Reinhold Störkmann

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