Sehr geehrter Bürgermeister, lieber Lothar, sehr geehrte Damen und Herren!
Ich könnte es mir dieses Mal leicht machen und die Haushaltsrede äußerst kurz halten. Denn es gibt kaum nennenswerte Spielräume für Gestaltung in unserem kommunalen Haushalt in Rhede.
Sparen und Schuldenabbau ist ja das Gebot der Stunde, Pflichtaufgaben und zunehmend weniger freiwillige Aufgaben können erfüllt werden.
Also bedanke ich mich beim Kämmerer und seinem Team für die Ausarbeitung des Konsolidierungsprogramms und die Aufstellung des Haushaltes.
Halt! Der Dank ist ernst gemeint, aber so einfach geht es dann doch nicht!
Es beginnt schon beim Begriff „sparen“.
Sparen ist laut gängiger Definition, das Zurücklegen momentan freier Mittel zur späteren Verwendung.
Das wäre schön, wenn wir im genannten Sinne sparen könnten.
Der Kämmerer formulierte die nüchterne Wahrheit bei der Vorstellung des Haushaltes ohne Umschweife so:
„Rhedes Schlüsselzuweisungen sinken ab 2013 auf ein Niveau von 600.000€, dauerhaft also jährlich 2,2 Mio. Euro weniger als der Standard früherer Jahre. Und das bei steigenden Soziallasten und ohnehin desolater Kommunalfinanzierung.
Als wir Plus und Minus gegenüberstellten, zeigte sich, dass auch langfristig ein deutliches Defizit verbleibt, sprich unser städtischer Haushalt nicht ausgeglichen ist“, soweit der Kämmerer in seiner Haushaltsrede.
Und der Bürgermeister ergänzte: „Das Defizit des kommenden Jahres kann nicht mehr aus der Ausgleichsrücklage gedeckt werden. Erstmals muss die allgemeine Rücklage in Anspruch genommen und der Haushalt der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorgelegt werden.“
Kommunale Haushaltskrisen gehören – nicht erst seit gestern – zu unserem Alltag. Es ist auch nichts Neues, wenn eine strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen beklagt wird. Aber ab 2012 und in den Folgejahren betreten wir Neuland, so war es bisher nicht! Da stellt sich die Frage: Was verbleibt uns an Möglichkeiten? Welche grundsätzlichen Optionen haben wir?
Die Liste könnte beginnen mit Leistungskürzungen im Bereich der freiwilligen Leistungen oder Erhöhung von Kostendeckungsgraden und Effizienzsteigerungen bei der Leistungserbringung. Wir könnten die Investitionen verringern, die Instandhaltung zurückfahren oder gänzlich einstellen, ohne Rücksicht städtischen Besitz verkaufen, die Stadtwerke auswringen. Auch eine Erhöhung von Steuern und Gebühren könnte einen Beitrag leisten.
Die Verwaltung reagierte auf die sich abzeichnende schwierige Lage mit der Erarbeitung eines Konsolidierungsprogramms nach dem Motto: „Nicht abwarten, ob Hilfe kommt, sondern das Heft des Handelns fest in der Hand behalten. Oder ganz einfach: Raus aus den roten Zahlen – und zwar aus eigener Kraft.“
Beim Studium dieses Programms fallen folgende Worte auf, die ich der Rede des Kämmerers entnehmen konnte:
- Einsparungen
- Reduzierungen
- Umstrukturierungen
- Anpassungen der Entgelte
- Kostenreduzierungen
- Aufgabe von …
- Interkommunale Zusammenarbeit
- Veränderungen
- ganzheitliche Sanierung
- Veräußerungen
- Erzielung von Erträgen
- Höhere Gewinnausschüttung
- Und für 2013: Erhöhung der Grundsteuer B
Die Auswahl der zitierten Worte ist wohl allgemeinverständlich und bedarf keiner weiteren Erläuterung. Selbst ein Haushaltslaie merkt wohin die Reise geht.
Wir bewerten das vorgestellte Gesamtwerk Haushalt 2012 folgendermaßen:
Der Haushalts- und Konsolidierungsplan der Verwaltung stellt ein mit Augenmaß konzipiertes Konzept dar, das der finanziellen Situation Rechnung trägt. Darüber hinaus ist es ein couragiertes Handlungskonzept zur Wiedererlangung eines ausgeglichenen Haushaltes.
Es wird, da bin ich mir sicher, von einer Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger verstanden und begrüßt werden.
In der Sitzung des HFA am 15.Februar wurde schnell deutlich, dass dieses Programm von einer breiten Mehrheit im Rat getragen wird.
Die Abstimmung in der HFA-Sitzung der vergangenen Woche bestätigte diese noch einmal deutlich.
Bei aller nötigen Einigkeit in dieser schwierigen Situation, gib es dennoch Unterschiede zwischen den Fraktionen, die bei Haushaltsberatungen, aber nicht nur dort, deutlich wurden.
- Unser Antrag: Bargeld statt Gutscheine
Seit vielen Jahren stellen wir abwechselnd mit der SPD zu diesem Thema wiederkehrend unsere Anträge.Wir werden das auch weiterhin tun, bis die Diskriminierung, die mit der Gutscheinvergabe verbunden ist, ein Ende findet.In unserer Nachbarstadt Bocholt hat sich eine breite Koalition quer durch alle Fraktionen gebildet und zusätzlich die Kirche ins Boot geholt, um Diskriminierung per Gutschein abzuschaffen. Gestern Abend hat eine große Mehrheit im Sozialausschuss unserer Nachbarstadt diese Praxis abgewählt.
In Rhede hingegen versteckt sich die Mehrheit hinter einer gesetzlichen Regelung und läßt sich auch weiterhin Diskriminierung etwas kosten.
Ich stelle fest: Es wird zunehmend peinlich für sie! - Eine erneute Klage gegen das GFG, wie von der CDU-Fraktion beantragt, tragen wir nicht mit
Bei allem gebotenem Einsatz für Rhede, halten wir eine Solidarität mit anderen Städten, die unverschuldet deutlich größere Lasten zu schultern haben, für dringend geboten.
Das Verfassungsgericht hat dem Land NRW vorgegeben, die Mittelverteilung anzupassen. Dieses Urteil trifft auch uns hart, aber ich frage sie: Wer von ihnen möchte seine Rolle hier eintauschen mit Kolleginnen oder Kollegen in Dorsten, Oberhausen oder Hagen? - Pauschale Kürzungen mit dem Rasenmäher gib es für uns nicht.
Mitteleinsparungen sollten klar zugeordnet werden können, damit jeder erkennen kann, auf was zu verzichten ist. - Unseren vielbeachteten Mensaantrag betrachteten wir als notwendigen Einstieg in eine Diskussion über die Qualität der Ernährung unseres Nachwuchses und nicht als eine Attacke gegen einen Rheder Betrieb.
In einer Zeit, in der Katzenfutter mittlerweile teurer gehandelt wird als Hackfleisch, Menschen für Motoröl mehr Geld ausgeben als für Salatöl, Biosprit im Tank den fürsorglichen Autobesitzer um die Gesundheit seines Automotors bangen lässt, sind wir sehr wohl der Meinung, dass es geradezu eine Pflicht ist, der Ernährung unseres Nachwuchses die nötige Beachtung zu schenken. - Aus dem Bezirksplanungsrat in Münster erhielten wir kürzlich folgende Information:
Für Neubaumaßnahmen von Straßen im Regierungsbezirk Münster stehen jährlich lediglich 25Mill.€ zur Verfügung.
Zur Erinnerung: Unsere östliche Entlastungsstraße sollte allein schon mindestens 6-8 Mill. € kosten. Und dabei stehen noch viele Straßenbauprojekte mit hoher Priorität auf der Warteliste.
Gut, dass unsere Bürger sich gegen dieses „Wolkenkuckucksheim – östliche Entlastungsstraße“, entschieden haben. Sonst wäre es anderen Ortes geschehen.
Trotz dieser Unterschiede haben wir auch Grund zur Freude und Anlass zum Optimismus, denn wenn wir zurückblicken, gibt es durchaus Erfreuliches und Hoffnungsvolles:
- Wir haben gemeinsam ein ambitioniertes Zukunftsprogramm „Rhede 2020“ erarbeitet, das wegweisend für das kommende Jahrzehnt sein wird.
- Die Arbeit am Bildungsstandort, einem wichtigen Teil des Zukunftsprogramms, ist schon in vollem Gang.
- Die energetische Sanierung im Schulzentrum ist durch das Konjunkturprogramm gut vorangekommen.
- Die Umgestaltung und Attraktivitätssteigerung der Stadt wird trotz knapper Kassen weitergehen.
- Und auch das möchte ich an dieser Stelle sagen:
Die vielen ehrenamtlich tätigen Menschen in unserer Stadt bilden eine tragende Säule unseres Gemeinwesens.
Das laufende und erst recht das kommende Jahr stellen uns gemeinsam vor eine große Aufgabe:
- Schaffen wir es, die Bevölkerung auf dem Weg in eine veränderte Finanzsituation unserer Stadt mitzunehmen?
- Schaffen wir es insbesondere bei den jungen Menschen Interesse am Gemeinwesen zu wecken?
- Wir meinen, dafür braucht es Offenheit, Transparenz, gute Argumente, ehrliche Botschaften und den Willen zum Dialog.
Die grüne Fraktion ist dazu bereit!
Ich bedanke mich für ihre Aufmerksamkeit.
Reinhold Störkmann
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